Quantenmaterialien

Quantenmaterialien wie Halb- oder Supraleiter, die bereits im letzten Jahrhundert entdeckt wurden, stecken bereits heute in Lasern, Smartphones, Solarzellen und Teilchenbeschleunigern. Nun sollen mithilfe dieser Materialien weitere Technologien entwickelt werden, etwa Quantencomputer oder Quantensensoren. Dafür optimieren Jülicher Forscher:innen bestehende Materialien und entwickeln neue.

Komplex und empfindlich

Der Jülicher Physiker Dr. Markus Jerger bereitet eine Messung des quantenmechanischen Zustands von Qubits vor.
Forschungszentrum Jülich/Ralf-Uwe Limbach

Passende Quantenmaterialien für die neuen Technologien zu finden, ist jedoch alles andere als einfach. Die Quantenphänomene, die den Materialien zu ihren speziellen physikalischen Eigenschaften verhelfen, sind komplex, die zugrundeliegenden Quantenzustände äußerst empfindlich.

Erschwerend kommt hinzu: Anders als bei den etablieren Technologien müssen die Quantenzustände sehr gezielt gesteuert werden, wenn man sie etwa zum Speichern von Informationen nutzen möchte. Für eine begrenzte Anzahl von Qubits, den Recheneinheiten von Quantencomputern, ist das mit Halb- und Supraleitern bereits gelungen. Doch um in Zukunft Quantencomputer mit Millionen von Qubits zu realisieren, müssen die heute verwendeten Materialien weiter optimiert oder ganz andere entwickelt werden.

Exoten im Visier

In Jülich untersuchen und entwickeln Forscher:innen Quantenmaterialien, die ihre Eigenschaften unter extremen Bedingungen wie ultratiefen Temperaturen oder starken Magnetfeldern offenbaren. Ein bekanntes Beispiel, für das tiefe Temperaturen notwendig sind, ist das Quantenphänomen Supraleitung. Dabei fließt unterhalb einer kritischen Temperatur Strom ohne elektrischen Widerstand. Eine weitere, noch relativ neue Materialklasse sind topologische Isolatoren. Auf ihrer Oberfläche bewegen sich Elektronen in Abhängigkeit von ihrem Elektronenspin, während sich das Material in seinem Innern wie ein elektrischer Isolator verhält.

Chip mit Hybrid-Qubits. Solche Hybrid-Qubits aus zwei Quantenmaterialien gelten als deutlich stabiler als die empfindlichen und daher fehleranfälligen halb- oder supraleitenden Qubits. Copyright: Forschungszentrum Jülich/Ralf-Uwe Limbach

Jülicher Forscher:innen ist es beispielsweise als Ersten gelungen, einen topologischen Isolator in ein konventionelles supraleitendes Qubit zu integrieren. Diese Ergebnisse sind ein wichtiger Schritt auf dem Weg, ein sogenanntes Majorana-Qubit zu realisieren. Dieser Qubittyp gilt als ein besonders vielversprechender Kandidat. Solche Hybrid-Qubits aus zwei Quantenmaterialien gelten als deutlich stabiler als die empfindlichen und daher fehleranfälligen halb- oder supraleitenden Qubits.

Bestens ausgestattet

Prof. Ruslan Temirov und sein Team haben das Jülicher Quantenmikroskop entwickelt.
Forschungszentrum Jülich/Sascha Kreklau

Bei der gezielten Suche setzen die Jülicher Forscher:innen auf theoretische Modelle und Berechnungen sowie auf die experimentellen Erprobung der Materialien. Jülich verfügt dafür über einzigartige Technologielabore wie die Helmholtz Nano Facility (HNF), in denen Wissenschaftler:innen zum Beispiel Quantenchips herstellen können. Seit zwei Jahren wird außerdem das Helmholtz Quantum Center (HQC) aufgebaut, das das gesamte Forschungsspektrum für Quantencomputing abdeckt – von der Erforschung von Quantenmaterialien bis zur Entwicklung von Prototypen.

Darüber hinaus stehen weitere Geräte zur Verfügung, von Supercomputern über Neutronenquellen bis hin zu speziellen Elektronenmikroskopen. Jülicher Forscher:innen entwickeln aber auch neue Instrumente wie das Quantenmikroskop, ein einzigartiges Rastertunnelmikroskop zur Untersuchung von Quanteneffekten.

Beteiligte Einrichtungen

Ernst Ruska-Centrum für Mikroskopie und Spektroskopie mit Elektronen (ER-C)
Institute for Advanced Simulation (IAS)
Jülich Centre for Neutron Science (JCNS)

Letzte Änderung: 10.08.2022