Forschungsschwerpunkt Quantentechnologien

Neue Quantentechnologien versprechen Anwendungen mit nie dagewesener Geschwindigkeit, Präzision und Effizienz. Der Quantencomputer ist das wohl bekannteste Beispiel. Das Forschungszentrum Jülich ist ein Hotspot der Quantenforschung in Europa.

Die wundersame Welt des Quantenkosmos
SeitenPlan/Christian Marchionna

Quantentechnologien der zweiten Generation wie Quantencomputer, Quantensensoren und Quantenkommunikation sollen neue vielfältige Einsatzmöglichkeiten eröffnen – bei der Nutzung Künstlicher Intelligenz, in der Medizindiagnostik oder durch eine abhörsichere Kommunikation. Die Voraussetzung: Die quantenmechanischen Effekte, auf denen die Technologien beruhen, müssen gezielt gesteuert werden. Das bedeutet, dass Teilchen sehr präzise kontrolliert werden müssen – deutlich präziser als es bislang bei Lasern oder Halbleitertechnologien wie Smartphones oder Fernseher notwendig war, deren Bauelemente ebenfalls auf Basis der Quantenphysik funktionieren.

Die exakte Steuerung und Kontrolle der äußerst empfindlichen Quantenzuständen ist eine große Herausforderung. Der Quantenkosmos – also die Welt im Allerkleinsten, im subatomaren Bereich – ist komplex und funktioniert nach Regeln, die unserem Alltagsverständnis mitunter scheinbar widersprechen. Um die Quantenwelt zu verstehen und ihre Möglichkeiten zu nutzen, ist noch viel Forschung notwendig.

Schwerpunkte Quantencomputing und Quantenmaterialien

Quantencomputer des Projekts OpenSuperQ
Forschungszentrum Jülich/Sascha Kreklau

Quantenforschung ist einer der Schwerpunkte des Forschungszentrums Jülich. Hierbei werden Grundlagenforschung, Theorie und Entwicklung eng miteinander verknüpft. Im Fokus stehen insbesondere Quantenmaterialien und Quantencomputing.

Beim Quantencomputing deckt Jülich die gesamte Wertschöpfungskette ab: von der Suche nach geeigneten Materialien über das Entwerfen von Schaltkreisen und passender Kryo-Elektronik bis hin zur Entwicklung von Prototypen und Anwendungen. Dabei verfolgen die Forscher:innen unterschiedliche Ansätze, um Quantensysteme zu realisieren - etwa mit Halbleiter-Qubits, supraleitenden Qubits und sogenannten Hybrid-Qubits. Auch die Anwendung von Quantencomputern haben Forscher:innen im Blick.

Breite Expertise

Für die Quantenforschung verfügt Jülich über beste Voraussetzungen. Hier arbeiten namhafte Expert:innen aus unterschiedlichen Bereichen. Etwa Vordenker und Wegbereiter wie David DiVincenzo, der Kriterien entwickelt hat, die ein Quantencomputer erfüllen muss, oder Tommaso Calarco, einer der Verfasser des europäischen Quantum Manifesto, das zum EU-Quantentechnologie-Flaggschiff geführt hat. Oder Forscher wie Frank Wilhelm-Mauch, Hendrik Bluhm und Rami Barends, die in nationalen und europäischen Projekten Quantencomputer mit verschiedenen Qubittypen bauen. Oder Kristel Michielsen, die die Entwicklung von Quantencomputern mithilfe von Simulationen auf Supercomputern vorantreibt.

Gerade die Verbindung von Quantencomputern und Supercomputern ist ein besonderes Jülicher Merkmal. Solche sogenannten Hybrid-Systeme sollen schon heute die Rechenleistung von verfügbaren Quantensystemen für erste praktische Anwendungen nutzbar machen.

Erstklassige Infrastrukturen

Reinraumlabor der Helmholtz Nano Facility
Forschungszentrum Jülich/Sascha Kreklau

Die Supercomputer sind nur ein Bestandteil der unterschiedlichen Infrastrukturen, die Jülich für Forschung und Anwendung bietet. Mit dem Helmholtz Quantum Center (HQC) verfügt Jülich über ein zentrales Technologiezentrum, in dem Forscher:innen in diversen Speziallaboren alle Schritte der Entwicklung durchführen können: von der Suche nach geeigneten Quantenmaterialien über das Entwerfen von Schaltkreisen bis hin zur Entwicklung von Prototypen. Das Zentrum, das seit 2020 aufgebaut wird, soll ab 2025 im Vollbetrieb arbeiten. Auch in der Helmholtz Nano Facility (HNF) können Quantenchips hergestellt werden.

Über die „JUelicher Nutzer-Infrastruktur für Quantencomputer“ (JUNIQ) können Wissenschaft und Wirtschaft auf verschiedene Quantensysteme zugreifen: etwa auf experimentelle Quantensysteme und einen Quantenannealer der Firma D-Wave, der erste Quantenrechner in Europa mit über 5.000 Qubits.

Enge Zusammenarbeit

Die Jülicher Forscher:innen arbeiten eng verknüpft, intern über die Jülich Quantum Computing Alliance (JUQCA), aber auch extern: über die Helmholtz-Quanten-Plattform mit anderen Helmholtz-Zentren. Sie sind außerdem Teil des nordrhein-westfälischen Quantencomputing-Netzwerks „EIN Quantum NRW“ und forschen in zahlreichen nationalen und europäischen Vorhaben.

Eine wichtige Rolle spielt der Austausch mit der Industrie. Jülich engagiert sich etwa im Quantum Community Network (QCN) des EU-Quantentechnologie-Flaggschiff und im europäischen Quantum Industry Consortium (QuIC), das die Wettbewerbsfähigkeit und das Wirtschaftswachstum der europäischen Quantentechnologiebranche fördern soll. Denn eines ist klar: Um bei Quantentechnologien mit Ländern wie den USA oder China mithalten zu können, müssen die europäischen Akteure eng zusammenarbeiten.

Letzte Änderung: 24.10.2022